Roboteranwendungen sind in etlichen Produktionsbereichen Stand der Technik. In der Kaltwalzindustrie sind sie aufgrund von Herstellungsprozess sowie Größe und Gewicht der Coils noch nicht so verbreitet wie in anderen Industriezweigen. Waelzholz jedoch treibt die Einführung von Automatisierungstechnik mit einem weltweiten Investitionsprogramm intensiv voran. Der Grund: eine Qualitäts- und Flexibilitätssteigerung in vielen Details.
Als technologisch führendes Kaltwalzunternehmen legt Waelzholz ein besonderes Augenmerk auf die zielgerichtete Fortentwicklung seiner Produktionstechnologie. Ein Baustein dieser Strategie ist ein weltweites Investitionsprogramm für Roboteranwendungen. Wer nun an industrielle Roboteranwendungen denkt, ist bezüglich ihres Einsatzgrundes schnell bei einer Effizienzsteigerung der Prozesse. Für Waelzholz geht es jedoch vor allem um die Faktoren Qualität und Flexibilität. Dr. Ernst-Martin vom Bovert, als Logistikleiter auch verantwortlich für die Einführung der Robotertechnologie am deutschen Standort in Hagen, erklärt:
„Automatisierte Prozesse gibt es in der Kaltwalzindustrie schon lange Zeit. Für klassische Roboteranwendungen gab es – vor allem mit Blick auf die Produktgewichte – in der Vergangenheit jedoch noch keinen signifikanten Bedarf. Dies hat sich in den letzten Jahren auch durch höhere Anforderungen unserer Kunden deutlich geändert.“
Weltweite Automatisierungsstrategie
Die Qualitätsansprüche der Kunden sind in den letzten Jahren durchweg gestiegen und dies wird sich noch weiter fortsetzen. Neben der peniblen Einhaltung der Werkstoffeigenschaften über viele Lieferlose hinweg geht es zum Beispiel auch um exakte und einwandfreie Kanten, insbesondere bei sehr dünnen Abmessungen, sowie tadellose Bandoberflächen. Zudem ergibt sich etwa aus kundenindividuellen Verpackungslösungen die Notwendigkeit einer hohen Flexibilität. Hier können Roboteranwendungen ihre Fähigkeiten voll ausspielen. Lukas Okon, als Projektleiter für die Einführung des ersten Roboters im Werk Plettenberg zuständig, erklärt die Herausforderung dabei:
„Bereits 2018 haben wir mit der Entwicklung der Roboteranwendung bei uns im Werk begonnen, denn der Einsatz von Robotern ist im Detail sehr anspruchsvoll. Zum Beispiel die Lasererfassung zur Positionierung: Gemeinsam mit dem Lieferanten haben wir hier eine spezielle Lösung entwickelt, denn das hochglänzende Bandmaterial konnte mit herkömmlichen Verfahren nicht erfasst werden.“
Heute sind Roboter bereits in den deutschen Werken Plettenberg und Kabel sowie am brasilianischen Produktionsstandort in São Paulo im Einsatz. Im Zuge einer weltweiten Automatisierungsstrategie werden auf Basis der gemachten Erfahrungen weitere Anwendungen in den Waelzholz-Werken weltweit folgen.
Hochgradig Materialschonend
Die Potenziale der von Waelzholz vorangetriebenen Roboteranwendungen zeigen sich am Beispiel der Verpackungslinie des Schmalwalzwerkes in Hagen: Die je nach Ausführung um die 250 kg schweren Coils wurden hier früher mit einer Magnethebehilfe manuell aus Transportgestellen aufgenommen und „eye-to-sky“ – also flach liegend – auf Paletten gestapelt. Zusätzlich wurden sie jeweils mit den für ihren Schutz nötigen Zwischenlagen versehen. Heute übernimmt diese Aufgabe ein Roboter, der innerhalb einer Zelle wechselseitig zwei Arbeitsstationen beschicken kann. Aus einem Gestell mit bis zu zehn Coils entnimmt der Roboter jeweils eines mit Hilfe eines Magnetgreifers. Dabei zentriert sich der Greifer selbstständig und legt das Coil anschließend millimetergenau auf einer Palette ab. Dr. vom Bovert hierzu:
„Eine Lasersensorik vermisst das aufzunehmende Coil, sodass dieses sehr exakt im Innenauge gegriffen wird. Und bei der Ablage auf eine Palette positioniert der Roboter die Coils mit großer Genauigkeit übereinander. Besonders wichtig für uns ist die enorme Präzision, mit der dies geschieht, denn so ist dieser Ablauf sehr materialschonend, Kanten und Ringoberfläche bleiben unversehrt.“
Eine ähnliche Lösung ist im Werk Plettenberg im Einsatz. Hier wird parallel schon an einer weiteren Automatisierungslösung gearbeitet: Ein Roboter soll beim Längsteilen des Bandstahls mit eingebunden werden. Der Clou dabei: Der Roboter wird automatisiert den jeweils benötigten Messersatz aus dem Messerstand herausnehmen, die Schneideinteilung vornehmen und innerhalb des Prozesses unter anderem die Messerschärfe prüfen.
Äusserst Flexibel
Ob spezielle Holzleisten, korrosionshemmende Überseeverpackungen oder andere kundenindividuelle Verpackungselemente, die für Kabel und Plettenberg entwickelten Kombi-Greifer sind auf vielfältigste Anforderungen ausgelegt. Dr. vom Bovert:
„Als Basis verfügt beispielsweise der Roboter im Werk Kabel über einen vierarmigen Magnetgreifer. Wir haben an dem Greifkopf zusätzlich vier mechanische Parallelgreifer und vier Vakuumgreifer installieren lassen, sodass uns alle drei Greiftechniken magnetisch, mechanisch und pneumatisch zur Verfügung stehen. So sind wir sehr flexibel.“
Weiterer Vorteil: Trotz des Gesamtgewichtes von mehreren hundert Kilo für den Kombi-Greifer kann der Roboter die Coils mit einem Schwenkradius von 2,80 Metern bewegen und stapeln. Roboterzellen, wie Waelzholz sie im Einsatz hat, gibt es nicht von der Stange zu kaufen. Gemeinsam mit Spezialisten für Roboterautomation und viel eigenem Prozess-Know-how hat Waelzholz die Roboterzellen entwickelt.